Die Restschuldbefreiung ohne Gläubiger – der BGH und die Kosten des Verfahrens (IX ZB 29/16)

In einem meiner vorherigen Beiträge habe ich mich mit der Frage beschäftigt, was ein Schuldner machen kann, wenn in seinem Insolvenzverfahren nicht ein Gläubiger seine Forderung zur Tabelle anmeldet. Es gilt seit der Reform des Insolvenzrechts zur Vereinfachung der Verbraucherinsolvenz im Jahr 2014 die Regel des § 300 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 InsO. Wenn ein Antrag gestellt wird und die Kosten des Verfahrens bezahlt sind, dann kann das Gericht sofort die Restschuldbefreiung erteilen.

Was aber bedeutet denn nun „Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt“, wie es im  Wortlaut des zweiten Satzes heißt?

Im Wesentlichen gab es zwei Meinungen zu dieser Frage. Die einen ließen gelten, dass der Schuldner nach § 4a InsO die Kosten des Verfahrens gestundet erhalten hatte. Jede weitere Fortführung des Verfahrens ohne Gläubiger würde nur zur Belastung der Staatskasse mit unnötigen Kosten führen. Die Gegenmeinung hielt sich an den Wortlaut, der darauf abstellt, dass der Schuldner, nicht der Staat, die Verfahrenskosten beglichen hat. Es sei weder aus der Historie der Vorschrift, noch aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, dass die Stundung ausreichend sein sollte. Die Insolvenzgerichte handelten mal nach der einen, mal nach der anderen Meinung.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 22.09.2016 (gerichtliches Aktenzeichen IX ZB 29/16 nun der zweiten Meinung den Vorzug gegeben. Beglichen hat ein Schuldner die Kosten nur, wenn die erzielte Masse ausreicht und der Verwalter die Rechnungen ausgleicht oder der Schuldner tatsächlich selbst die Kosten zusätzlich eingezahlt hat. Der BGH begründet die Notwendigkeit der Zahlung durch den Schuldner wie die anderen Vertreter mit der historie und bezieht sich auf sich selbst. In vergangenen Jahren hatte der BGH eine vorzeitige Restschuldbefreiung zugelassen, wenn kein Gläubiger angemeldet hatte und die Ksoten bezahlt waren. Dies war aber noch zu Zeiten des § 299 InsO alter Fassung. Aber gerade daraus leitet der BGH seine Interpretation der Vorschrift des neuen § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO ab. Der Gesetzgeber habe ja gewusst, was der BGH für eine Linie verfolge und habe sich gerade nicht dazu entschlossen, die Stundung ausreichen zu lassen.

Neben dieser grundsätzlichen Entscheidung zur Frage der Kostentilgung stellt der BGH noch klar, dass für ihn die Formulierung des § 300 InsO bedeutet, dass der Schuldner nachweisen muss, dass die Kosten tatsächlich im Antragszeitpunkt bezahlt sind. Die bloße Masse auf dem Konto des Insolvenzverwalters will er nicht ausreichen lassen. Ebenso muss der Schuldner gerade einen Antrag auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung stellen. Das bloße Abwarten reicht nicht.

Zusammengefasst:

Der Streit um die Frage, ob für eine vorzeitige Beendigung die Stundung ausreicht, ist entschieden. Der BGH sagt, nein, es muss tatsächlich bezahlt worden sein. Daneben braucht es einen Antrag des Schuldners.

Was ist für die betroffenen Schuldner nun zu tun? Reden Sie mit Ihrem Rechtspfleger. Der ist zwar grundsätzlich gehalten, die Rechtsprechung des BGH zu beachten, er kann aber auch weiterhin anderer Meinung sein.  Wenn der Rechtspfleger sich auf den BGH beruft, dann können Sie immer noch versuchen, die Kosten über einen Dritten (Freunde oder Familie) aufzubringen. Typischerweise reden wir über rund 1.500 €.