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Jetzt nochmal deutlich: Die Mietkaution und die Enthaftungserklärung nach § 109 Absatz 1 Satz 2 InsO – BGH IX ZB 33/16

Es ist ein so typischer Vorgang. Der Schuldner eines Insolvenzverfahrens ist Mieter einer Wohnung. Der Insolvenzverwalter kann mit der Wohnung nichts anfangen, da sie dem persönlichen Lebensraum des Schuldners zugeordnet ist und ihm eben nicht als Eigentümer gehört. Trotzdem haftet die Insolvenzmasse zunächst einmal für die Miete. Diese Situation ist für die Gläubiger gefährlich, also erklärt der Verwalter ganz gesetzeskonform: „Ich nicht mehr!“

Die Erklärung nach § 109 Absatz 1 Satz 2 InsO ist ein vom Gesetzgeber klug ausgedachtes Mittel, die Insolvenzgläubiger von unsinnigen Risiken freizuhalten und den Schuldner wieder in einem Teil seines privaten Bereichs auf eigene Füße zu stellen. Die Ansprüche aus einem Mietverhältnis über den Wohnraum des Schuldners können freigegeben werden. Der Mieter ist für alles was an Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nach der Erklärung entsteht wieder allein zuständig. Zugleich ist er auch wieder Herr über seine Wohnung und kann über Vertragsangelegenheiten allein entscheiden.

Problematisch und Grundlage des hier besprochenen Beschlusses des Bundesgerichtshofes (BGH vom 13.07.2017, IX ZB 33/16) ist die Frage, was denn mit der Kaution passiert, die der Mieter regelmäßig dem Vermieter zu Anfang des Mietverhältnisses geben muss. Ohne Streit ist, dass die Kaution beim Vermieter verbleibt, so lange das Mietverhältnis ungekündigt ist. Auch unstreitig ist, dass der Verwalter die Kaution, bzw. den Rest nach Abrechnung, einziehen kann, wenn der Vertrag vor der Erklärung nach § 109 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren beendet wird.

Was aber ist die Wirkung der Erklärung nach § 109 InsO? Wem steht der Rückzahlungsanspruch zu? Der Insolvenzverwalter im entschiedenen Fall sagte natürlich: Das ist Masse! Der Schuldner sah das anders und mit ihm entschieden alle Instanzen.

Der BGH hatte bereits Anfang diesen Jahres seine Position hierzu klar gemacht. Wenn der Verwalter nach § 109 InsO die Freigabe des Mietverhältnisses erklärt, sind damit alle Ansprüche aus dem Vertrag wieder Sache des Schuldners. Und das gilt uneingeschränkt auch für den Kautionsanspruch. Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht mit der Einzahlung beim Vermieter, also vor der Insolvenz. Er ist jedoch, so der BGH, aufschiebend bedingt auf das Ende des Mietvertrages. Das bedeutet, dass er erst fällig wird, wenn der Mietvertrag gekündigt wird.

Fälligkeit ist aber eigentlich kein Kriterium, an dem die Insolvenzordnung festmacht, ob etwas zur Masse gehört oder nicht. Typischerweise wird alles an der Entstehung und dem kritischen Datum der Insolvenzeröffnung festgemacht. Diesen Grundsatz hebelt der BGH aus und verdeutlicht in diesem Beschluss nun noch einmal: Sinn und Zweck der Mietkaution würden den Anspruch aber am Bestand des Mietverhältnisses festmachen, so dass eine Freigabe nach § 109 InsO eben auch die Kaution umfasse. Der Gesetzgeber sei auch nicht anders zu verstehen gewesen.

Diese Argumentation ist für mich schwer verdaulich. Entweder entsteht der Anspruch schon mit Einzahlung und ist damit Masse oder nicht. Wenn er ursprünglich Masse ist, dann ist die BGH-Auslegung, dass die bloße Enthaftungserklärung zum Schutz der Gläubiger auch den Masseanspruch freigibt sehr weit und widerspricht dem Haftungsgedanken der InsO. Wenn der Insolvenzverwalter einfach Masse weggibt, ohne eine Gegenleistung zu bekommen, dann haftet er den Gläubigern. Und eine Ausnahme hiervon in § 109 InsO hineinzulesen ist für mein Empfinden gelinde gesagt sportlich.

Dennoch wird mit dieser weiteren Entscheidung eine gefestigte Rechtsprechung fabriziert, die man als Verwalter schlecht ignorieren kann. zumindest haftungstechnisch ist man auf der sicheren Seite. Der BGH sagt ja, dass die Erklärung nach § 109 InsO eben so zu verstehen ist und damit vom Gesetzgeber wohl als Ausnahme gewollt war.

Zusammengefasst:
Erklärt der Insolvenzverwalter nach § 109 Absatz 1 Satz 2 InsO, dass das Wohnraummietverhältnis nicht mehr zur Masse gehört, dann gibt er damit zugleich den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution frei. Nach dem BGH ist die Erklärung nach § 109 InsO so gesetzeskonform auszulegen.