Restschuldbefreiung – gewusst wie

Wie bei vielem Wichtigen im Leben gibt es keine einzig richtige Entscheidung. Wenn man erkennt, dass kein Geld mehr da ist und die Schulden immer größer werden, muss man aber eine Frage für sich beantworten. Gibt es, realistisch betrachtet, eine Chance auf Besserung oder sind das bloße Hoffnungen?

Wenn diese Frage mit „Nein, Besserung ist nicht in Sicht.“ beantwortet wird, kann man sich um die Lösung bemühen. Die kann in einem Vergleich mit allen Gläubigern liegen, oder in einem Insolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung. Den Weg von der Entscheidung einen Insolvenzantrag stellen zu wollen bis zur Eröffnung des Verfahrens habe ich bereits in einem vorherigen Beitrag beschrieben. Hier soll es um die praktische Herangehensweise für Verbraucherschuldner gehen.

Erster Schritt nach der Erkenntnis, dass etwas passieren muss, sollte die Bestandsaufnahme sein. Was habe ich an Einkommen und Vermögen? Was schulde ich wem? Was habe ich an laufenden Ausgaben? Was davon ist zum Leben wirklich notwendig?

Schreiben Sie eine Liste mit Einnahmen und Ausgaben oder nutzen ein Haushaltsbuch. Setzen Sie den Rotstift an. Was kann weggelassen werden, um die Ausgaben zu reduzieren? Auch wenn es für Sie belehrend klingen mag: Weder die Handy-Flatrate für 30 € im Monat, noch die Zigaretten sind, wenn es drauf ankommt, überlebenswichtig. Es geht zunächst nur darum, zu prüfen, wie viel man zusätzlich zum absolut Überlebensnotwendigen ausgeben kann.

Haben Sie so viele notwendige Ausgaben, dass bereits durch Dinge wie Wohnung, Essen und Strom/Gas/Wasser das gesamte Einkommen verbraucht wird, dann können und müssen Sie zur Sicherung Ihres Überlebens staatliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Sollten Sie bei dieser ersten Bestandsaufnahme Hilfe benötigen oder bereits massive Probleme mit Vermietern oder Versorgern haben, so bieten oft Schuldnerberatungsstellen in Ihrer Nähe die Möglichkeit einer Notfallerstberatung. Diese soll nur Ihre Lebenssituation sichern. Um mit dem Projekt Restschuldbefreiung voranzukommen, brauchen Sie einen extra Beratungstermin.

Der Gesetzgeber hat für das Restschuldbefreiungsverfahren von Verbraucher zwingend einen vorherigen Vergleichsversuch vorgeschrieben. Für das Gerichtsverfahren müssen Sie eine Bescheinigung von einer zugelassenen Stelle nach § 305 InsO vorlegen, das sie zunächst ohne das Gericht versucht haben, Ihre Schulden loszuwerden. Zugelassene Stellen sind zunächst einmal Rechtsanwälte, aber auch Schuldnerberatungsstellen. Schuldnerberatungsstellen werden entweder für Sie gegen Bezahlung tätig oder wenn Sie wenig Geld verdienen, übernimmt in vielen Fällen der Staat die Kosten.

Problematisch ist, dass die kostenlosen Schuldnerberatungen trotz insgesamt zurückgehenden Antragszahlen immer noch lange Wartelisten für einen Termin haben. Sie müssen mit bis zu sechs Monaten Wartezeit rechnen. Das wiederum bringt die schwarzen Schafe unter den Schuldnerberatungen in Spiel. Es fängt damit an, dass einige Beratungsfirmen zusätzlich zu ihrer Arbeit noch einen Rechtsanwalt heranziehen, der extra Geld verlangt. Das sollte nicht so sein und macht Ihr Vorhaben nur unnötig teurer. Sie sollten also darauf achten, dass die Schuldnerberatung selbst offiziell eine Bescheinigung nach § 305 InsO vorlegen kann. Darüber hinaus wird manchmal verlangt, dass Sie alles an Gebühren vorab zahlen. Oder dass einem die Restschuldbefreiung innerhalb von drei Jahren versprochen wird. Das geht tatsächlich, aber niemand erwähnt in der Werbung die sehr engen Voraussetzungen. Die verkürzte Restschuldbefreiungsphase erfordert nämlich eine Deckung von 35% aller im Schlussverzeichnis aufgenommenen Forderungen Ihrer Gläubiger (§300 Absatz 1Nr. 2 InsO). Sinnvoll ist also eine genaue Prüfung der Anbieter oder die Wahl eines Rechtsanwalts mit Schwerpunkt Insolvenzrecht.

Ordnen Sie die vielen Papiere, die Ihnen von Gläubigern, Inkassobüros oder Anwälten zugeschickt wurden. Sinnvoll ist hierbei ein Ordner mit A-Z-Register. Sie werden merken, dass bei vielen Forderungen allein durch den Zeitablauf die Kosten und Zinsen einen wesentlichen Teil der Schulden ausmachen.
Diese Papiere bringen Sie zu Ihrem Termin beim Schuldnerberater mit. Die meisten werden Ihnen eine Liste mit Papieren geben, die Sie zusätzlich mitbringen sollen. Die genaue Abarbeitung dieser Liste ist hilfreich und sorgt für ein gutes und produktives Beratungsgespräch.

Danach wird der Schuldnerberater einen Plan aufstellen, der je nach Ihrer Einkommenssituation eine Zahlung monatlich an Ihre Gläubiger vorsieht, oder nicht. Die Gläubiger haben Zeit, sich diesen Plan anzusehen und zuzustimmen. Melden sie sich innerhalb der Frist nicht oder lehnen ab, so ist der Plan gescheitert und die Schuldnerberatung wird Ihnen die gewünschte Bescheinigung ausstellen.

Jetzt ist der Weg frei für einen Insolvenzantrag. Bei der Ausfüllung des Antrags wird regelmäßig auch die Schuldnerberatung oder der Rechtsanwalt mithelfen. Aber Achtung, Sie unterschreiben den Antrag, das heißt alle Angaben darin sind Ihre Angaben. Und wer im Antrag schon falsche Angaben macht, riskiert die Restschuldbefreiung bevor es überhaupt losgeht.

Zusammengefasst:
Der Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens braucht eine Bescheinigung einer zugelassenen Stelle. Diese Bescheinigung gibt es beim Rechtsanwalt und bei besonders zugelassenen Beratungsstellen. Scheitert der außergerichtliche Plan, so kann der Antrag gestellt werden. Wegen des komplizierten Verfahrens ist eine frühzeitige Beratung sinnvoll, nur bei öffentlichen Stellen nicht so schnell zu bekommen. Trotzdem, mit dem richtigen gewusst wie geht es Ihnen hinterher besser.