Fragen-Freitag 4: Wie lange dauert das denn noch?

Der Mensch ist mehr oder weniger ungeduldig. Das fängt mit der typischen Frage unserer Kinder an, wenn es nicht schnell genug ans Ziel gehen kann und hört nicht auf, wenn wir erwachsen sind. Dass Menschen in so belastenden Situationen wie Insolvenzverfahren wissen wollen, wie lange es dauert, ist verständlich. Deshalb an diesem Fragen-Freitag: Statistik und Regeln zur Verfahrensdauer.

Zunächst vorausgeschickt, Verfahrensdauer meint als erstes die Dauer des Insolvenzverfahrens. Davon zu unterscheiden ist die Länge der Restschuldbefreiungsphase. Jedes Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Privatperson kann nach dem reinen Verwertungs-Verfahren in ein Restschuldbefreiungsverfahren übergehen. Voraussetzung ist hier der entsprechende Antrag. Typischerweise wird von Privatpersonen der Insolvenzantrag zusammen mit dem Restschuldbefreiungsantrag gestellt. Was das für Auswirkungen auf die Verfahrensdauer hat, lesen Sie weiter unten.

1.) Das Insolvenzverfahren
Hier ist als erstes wieder zu unterscheiden. Auf der einen Seite das Regelinsolvenzverfahren und dann das Verbraucherinsolvenzverfahren. Innerhalb des Regelinsolvenzverfahrens haben wir noch einmal die Unterscheidung, ob eine Privatperson oder eine juristische Person, also meist Unternehmen, betroffen ist. Und um es ganz genau zu nehmen, natürlich noch, ob mit oder ohne Restschuldbefreiung.

Im Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person (einer GmbH, einer UG, einer KG o.ä.) gilt, dass das Verfahren so lange dauert, wie es muss. Dieser wenig aussagekräftige Satz trifft es aber ziemlich gut. Der Insolvenzverwalter hat nach § 1 Satz 1 InsO das Vermögen des Schuldners zu verwerten und den Erlös zu verteilen. Das wiederum bedeutet, dass der Insolvenzverwalter alles tun muss, um die Insolvenzmasse, also das ihm zur Verwertung übergegeben Vermögen, so gut wie möglich zu Geld zu machen. Das kann bedeuten, dass der Insolvenzverwalter langwierige Prozesse, z.B. gegen Auftraggeber, die nicht zahlen wollen, führen muss. Wenn es sich im Prozess nicht nur um einfache Dinge dreht, kann und muss der Insolvenzverwalter bei genügenden Aussichten die Klage bis zum obersten Gericht, etwa dem Bundesgerichtshof, verfolgen. Das kann Jahre dauern. Auch sonst ist in Regelinsolvenzverfahren, in denen ein Unternehmen zu verwerten ist, typischerweise mit Verfahrenslaufzeiten von zwei bis fünf Jahren zu rechnen. Zwei Jahre sind bei einer Vielzahl von zumindest zu prüfenden Ansprüchen und Aufgaben im Verfahren allerdings schon sportlich. Das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen eines Privatmenschen als Unternehmer kann in etwa genauso lange laufen. Für die Restschuldbefreiung gelten Sonderregeln, die ich unten noch aufgreife.

Das Verfahren über das Vermögen eines Ex-Unternehmers ist da üblicherweise schon etwas kürzer. Hier gilt im Wesentlichen die Laufzeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Im Sprachgebrauch der Verfahrensbeteiligten wird ein ehemaliger Unternehmer, dessen Betrieb schon seit Jahren ruht und der nur aus formalen Gründen im Regelinsolvenzverfahren betreut wird, auch als „verkappter Verbraucher“ bezeichnet. Die Vorgehensweisen in den verfahrensarten ähneln sich sehr. Für die Restschuldbefreiung gelten wie gesagt andere Regeln.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren hat den Vorteil, dass im außergerichtlichen Vorverfahren schon wesentliche Informationen zusammengetragen sind und typischerweise nur wenige echte Verwertungshandlungen notwendig sind. Der Insolvenzverwalter muss regelmäßig keine Prozesse führen und kann sich auf die zügige Prüfung der Forderungsanmeldungen konzentrieren. Die übliche Verfahrenslaufzeit liegt bei 6 Monaten bis einem Jahr.

Gibt es Möglichkeiten, das eigentliche Insolvenzverfahren abzukürzen? Grundsätzlich ja, aber der Verwalter ist nach der Eröffnung Herr des Verfahrens, bestimmt also zunächst einmal selbst, wann er fertig ist. Der Schuldner kann nichts mehr gegen die Eröffnung machen, wenn der Eröffnungsbeschluss erst einmal rechtskräftig geworden ist. Alles andere kann daher nur über besondere im Gesetz geregelte Ausnahmen passieren.

Wenn der Schuldner aus irgendwelchen Gründen im Insolvenzverfahren zu Geld kommt und dies ausreicht, um alle alten Gläubiger, alle laufenden Gläubiger und die Kosten des Verfahrens zu bezahlen, dann kann der Schuldner einen Antrag nach § 212 InsO auf Einstellung des Verfahrens stellen. Wenn der Grund für das Verfahren, also die Zahlungsunfähigkeit, weggefallen ist, dann braucht es auch kein Verfahren mehr.

Kann der Schuldner nach Ablauf der Anmeldefrist für die Gläubiger von allen Gläubigern, die eine Forderung angemeldet haben, eine schriftliche Zustimmung zur Einstellung vorlegen, dann kann er einen Antrag nach § 213 InsO stellen. Das Insolvenzverfahren dient der Befriedigung der Gläubiger. Wenn die nicht mehr an einem Verfahren interessiert sind, dann braucht es kein Verfahren mehr. Auch hier sind aber die Kosten noch zu begleichen.

Zuletzt kann die Laufzeit eines Insolvenzverfahrens noch abgekürzt werden, wenn dem Insolvenzgericht ein Insolvenzplan vorgelegt wird. Dieser kann anderen Laufzeiten vorsehen und soll den Gläubigern die Möglichkeit geben, besser als durch das Insolvenzverfahren an sich befriedigt zu werden. Nehmen die Gläubiger den Plan an, dann kann ein Insolvenzverfahren auch bei Privatpersonen sehr rasch beendet sein.

2.) Die Restschuldbefreiung
Im Restschuldbefreiungsverfahren für Privatpersonen, gleich ob Unternehmer, Ex-Unternehmer oder Verbraucher, gilt die Grundregel aus § 287 Absatz 2 InsO. Wer die Restschuldbefreiung haben will, muss für sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine pfändbaren Bezüge (Arbeitseinkommen, Rente, Sozialleistungen etc.) an einen Treuhänder abtreten. Diese sechs Jahre sind das Höchstmaß. Wenn man sich als Schuldner keine Verfehlung (Obliegenheiten sind zu beachten) geleistet hat, dann ist die Restschuldbefreiung nach sechs Jahren zu erteilen.

Es gibt einige wenige seltene Altfälle, bei denen die Frist nach alter Rechtslage vor Änderung der InsO noch sieben Jahre ab Abschluss des Insolvenzverfahrens betrug. Das kann bedeuten, dass diese Menschen auch nach Jahren des laufenden Insolvenzverfahrens noch nicht einmal mit der Restschuldbefreiungsphase angefangen haben.

Mit der letzten Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens wurden Sonderregeln für die Restschuldbefreiung vor Ablauf von sechs Jahren eingeführt. Diese finden sich in § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO. Danach hat der Schuldner die Möglichkeit vor den sechs Jahren die Restschuldbefreiung

SOFORT zu erlangen, wenn kein Gläubiger angemeldet hat oder durch die Einnahmen im Verfahren alle Gläubiger voll bedient sind UND die Kosten des Verfahrens und alle sonstigen Kosten voll bedient sind.

Nach 3 Jahren ist eine Restschuldbefreiung möglich, wenn der Schuldner mindestens 35 % der im Schlussverzeichnis aufgenommenen Forderungen UND die Kosten des Verfahrens bezahlen konnte. Gibt es noch kein Schlussverzeichnis, dann rechnet sich der Prozentsatz aus den bis dahin festgestellten Forderungen der Tabelle zuzüglich der Summen aus den Feststellungsklagen (neue oder umgestellte Leistungsklagen). Die Herkunft der Mittel für die 35 % sind nachzuweisen, was Betrug durch vorheriges Beiseiteschaffen verhindern soll.

Nach 5 JAHREN kann Restschuldbefreiung erlangen, wer die Kosten des Verfahrens bezahlt hat.

Zusammengefasst: Regelinsolvenzverfahren über Unternehmen dauern häufig zwei Jahre oder länger. Es kommt auf die Schwierigkeit der Durchsetzung von Ansprüchen an. Verbraucherinsolvenzverfahren sind meist nach sechs Monaten beendet, dann kommt es auf die Restschuldbefreiungsphase an. Diese kann von sofort über drei und fünf bis zu sechs Jahre dauern. Typisch sind sechs, gefolgt von fünf Jahren.

Fragen-Freitag: Eine lose Folge von Tipps und Antworten rund um das Insolvenzverfahren zu Fragen, die Sie haben oder die mir immer wieder unterkommen. Haben Sie eine Freitags-Frage? Schicken Sie mir eine Mail, vielleicht ist Ihr Thema am nächsten Freitag dran!

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