Kostendeckung aber keine Restschuldbefreiung

Wenn das Geld zu spät kommt, AG Norderstedt vom 04.05.2022 – 65 IK 9/17

Seit im Jahr 2021 die Dauer der Frist zur Erlangung der Restschuldbefreiung auf drei Jahre verkürzt wurde werden naturgemäß die Fälle weniger, in denen der Schuldner noch sechs Jahre Frist hat. Der Wunsch der  Betroffenen durch Kostendeckung früher Restschuldbefreiung erteilt zu bekommen steigt aber entsprechend stärker an. Und wenn man ein Jahr verkürzen kann, dann fragt man schon mal Freunde und Familie. Wenn die den Rest der Kosten ausgleichen können, kann man ja ein Jahr sparen.

So war es auch in dem hier vom Amtsgericht Norderstedt entschiedenen Fall. Der Schuldner hat bis auf rund 1.200,00 € die Kosten des Verfahrens begleichen können. Durch Zahlung aus der Familie an den Treuhänder soll nun auch dieser Rest bedient werden. Die fünf Jahre Frist sind am 18.01.2022 abgelaufen. Dem Treuhänder geht das Geld aber erst im März 2022 zu. Also nach Ablauf der fünf Jahre. Eigentlich kein Problem, wie auch der Treuhänder meint.

Das Amtsgericht Norderstedt findet allerdings ein Haar in der Suppe.

Die Kostendeckung sei eben nicht vor Ablauf der fünf Jahre erfolgt, sondern erst danach. Das wäre aber nicht hinreichend. Also keine Restschuldbefreiung trotz Antrag und Zahlung.

In seinem Beschluss führt das Amtsgericht aus, dass die Meinung, nur für die Verkürzung auf drei Jahre nach § 300 InsO alter Fassung sei eine Zahlung vor Ablauf der drei Jahre nötig, nicht allein stehe. Es gebe eine gewichtige Meinung, die die Regel, erst Zahlung, dann Fristablauf, für alle Varianten annehme. Für die Drei-Jahres-Regel sei dies unstreitig im Wortlaut zu finden. Für die Fünf-Jahres-Regel müsse man sich aber die Gesetzesbegründung ansehen. Und die sehe gerade keinen Unterschied zwischen drei Jahren und fünf Jahren, nur der Wortlaut des Gesetzes sei da nicht so deutlich. Die Begründung mache aber eben keinen Unterschied in der Notwendigkeit für alle Varianten erst eine Deckung herbeizuführen, bevor die Frist abläuft.

Die drastische Folge ist die Zurückweisung des Antrags des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung und der Verbleib der von der Familie gezahlten Summe in der Masse.

Interessanterweise steht das Amtsgericht Norderstedt mit dieser Ansicht tatsächlich nicht allein.

Auch das Landgericht Darmstadt hatte solche einen Fall vorliegen und entschied zu Lasten des Schuldners, sogar ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da der Fall so klar sei (LG Darmstadt, 17.06.2021, 5 T 146/21). Auch hier also keine rechtzeitige Kostendeckung und damit keine Restschuldbefreiung.

Festzuhalten ist damit, dass Pläne zur Verkürzung der Restschuldbefreiung durch Drittzahlung auf keinen Fall allzu sehr auf die lange Bank geschoben werden dürfen. Die hier benannten Entscheidungen mögen Einzelfälle sein. Wegen einer Fristversäumnis ein weiteres Jahr warten zu müssen und zugleich das Geld des Dritten los zu sein, bringt mich zur Empfehlung:

Zahlen Sie unbedingt vor der Frist. Oder Sie werden freundlich lächelnd darauf verwiesen, dass zwar keine Verkürzung eintritt aber dass ja wenigstens die nach der Stundung zu erwartenden Fragen der Staatskasse durch die Zahlung erledigt sind.

Haben Sie Fragen zur Verkürzung der Restschuldbefreiung? Nehmen Sie gerne Kontakt auf.

Schreibe einen Kommentar